Eine Insel in der Loire, als solche kaum erkennbar, wo – mitten in der Stadt Nantes – bis 1987 Kreuzfahrtschiffe gebaut wurden. Dann der Verfall der Industriebrache über Jahrzehnte und wirtschaftlicher Niedergang. Anfang der 2000er Jahre startete ein visionärer Bürgermeister ein stadtplanerisches Großprojekt, das die Île de Nantes zu neuem Leben erweckte. Die Architekten Alexandre Chemetoff und Patrick Henry sahen das Areal als Erzählstrang einer lückenhaften und teils ausgelöschten Geschichte, den sie wieder aufnahmen.
Als Artiste en résidance begleitete Kerstin Zillmer die Transition des Ortes in ihrer fotografischen Arbeit „Die Autonomie der Dinge“. Vergangenheit und Zukunft griffen sichtbar ineinander über. Die Spuren der industriellen Epoche waren noch nicht verwischt, die Natur brach an vielen Stellen wieder durch, Menschen nutzen die entstandenen Freiräume. Gleichzeitig hatte die urbane Zukunft der Insel schon begonnen als ein Mikrokosmos unterschiedlichster Welten, die sich berühren und überschneiden. Es entstanden Momentaufnahmen von Szenen, die niemand bewusst geschaffen hatte – zufällig und heute längst verschwunden.
Nantes, 2005